Nachhall #6 im Frau*feld: Musik & Stille

Much ado about nothing: What's the relation of music & silence?


Dienstag, 13. Juni 2023 · 19:00 Uhr

 

© Anat Stainberg

Akteur*innen: Nava Hemyari (Komponistin, Sängerin) · Tahereh Nourani (Klangkünstlerin) · Maren Rahmann (Schauspielerin, Clownin, Sängerin) · Mariá Portugal (Schlagzeugerin, Sängerin) · Anat Stainberg (Schauspielerin, Performerin, Kuratorin, Malerin)

Nachhall im FRAU*FELD – Diskurs im echoraum
vierteilige Veranstaltungsreihe 2023

Mit der Möglichkeit, vier Termine der Veranstaltungsreihe Nachhall – Diskurs im echoraum zu gestalten, entstand die Idee sich eine Neuinterpretation eines Diskursformats aus dem 17. Jahrhundert zu eigen zu machen. Das Prinzip der sogenannten Akademie ist leicht erklärt: eine vorab definierte Frage, bspw. „Was ist besser: Glück oder Verdienst?“, soll über den Verlauf der jeweiligen Veranstaltung von vier Redner*innen in einem kurzen Beitrag beantwortet und am Ende von einer fünften Conclusio-Redner*in resümiert werden, zwischen den Reden wird Musik und Kunst vorgetragen bzw. sollen alle Redner*innen die Möglichkeit bekommen musikalisch oder künstlerisch Stellung zu beziehen. Ziel ist es nicht zuletzt Frauen*, die sich vor allem der progressiven Improvisation und Komposition verschrieben haben, um einen sowohl diskursiven als auch musikalischen Beitrag zu bitten, Expert*innen einzuladen, die viel Erfahrungen mit sich bringen und verschiedene Akteur*innen aufeinandertreffen zu lassen, die zuvor womöglich noch keine Berührungspunkte hatten; es sollen Blicke geschärft und idealerweise neue Denkweisen und Zugänge angeregt und erschlossen werden.

Dass Frauen* und Mädchen* grundsätzlich im öffentlichen Leben weniger zu Wort kommen und ihnen häufig auch weniger Gehör geschenkt wird, ihren Meinungen weniger Respekt gezollt und Spielraum gelassen, geschweige denn Zuspruch gegeben wird, ist soweit nichts Neues. FRAU*FELD möchte sich darum das schöne Prinzip des bedachten Fragens und Zuhörens der barocken Akademie zu eigen machen, um vielfältigen Perspektiven und Meinungen, im näheren und weiteren Umfeld musikschaffender Frauen* nachal(l)tig, hör- und sichtbar zu machen.

Grundlage der Idee eine adaptierte Version der Akademie vor ein zeitgenössisches Publikum zu bringen, sind die Forschungsergebnisse von Susanne Abed-Navandi, die in ihrer Dissertation unter anderem eine dieser überlieferten, ausschließlich von Frauen abgehaltenen Akademien editiert hat. Eine Akademie zu veranstalten, war in der höfischen Gesellschaft des 17. und beginnenden 18. Jahrhunderts ein beliebter Zeitvertreib. „Eine Frage, mehrere Redebeiträge, künstlerische Beiträge und eine Entscheidungsfindung oder Conclusio am Ende der Veranstaltung waren die wesentlichen Werkzeuge für den Aufbau einer Akademie. Im Rahmen einer abendfüllenden Performance trafen einander Redner*innen und Künstler*innen mit dem Ziel, zu einem gewählten Thema Neues entstehen zu lassen und Erkenntnisse zu gewinnen.“ (Abed-Navandi)

Darauf aufbauend will Frau*feld anhand der Themen Musik&Macht, Musik&Stille, Musik&Technik, Musik&Schönheit musikschaffende Frauen*, Kollektive, Initiativen, Expert*innen etc. mit ihren jeweils verschiedenen disziplinären Ansätzen und Zugängen aus den unterschiedlichsten künstlerischen Genres zusammenbringen, um sowohl einem interessierten Publikum als auch allen teilnehmenden Personen möglichst weitgestreute, vielfältige, mitunter entgegengesetzte Sichtweisen anzubieten und zu einem spannenden, informativen, lustigen, berührenden, inspirierenden, aufregenden, affirmativen Diskurskonzertreigen einladen.

 

© Raphael Dau

Nava Hemyari studierte von 2012 bis 2017 Komposition an der mdw bei Wolfgang Suppan und von 2012 bis 2020 elektroakustische Komposition bei Karlheinz Essl. Daneben besuchte sie u. a. Workshops bei Klaus Lang, Beat Furrer und Georg Friedrich Haas. Bereits während des Studiums komponierte sie ein Stück für Orgel, das Wolfgang Kogert in der Wiener Hofburgkapelle aufführte. Seit 2015 arbeitet sie auch mit ihrer Stimme (Sopran), für die sie eine Reihe von Stücken schrieb und selbst aufführte. Sie sang zudem in Aufführungen von Kolleg:innen. Ihr besonderes Interesse gilt der spekulativen Natur der Musik, die, ohne Sprache und Bilder, eine umfassende Interpretationsbreite aufweist, wobei sie in letzter Zeit auch für ihre Kompositionen bewusst mit Sprache und Bild arbeitet, um so auch auf andere Weise Einfluss auf das Publikum zu nehmen. Für ihre Werke für Stimme nutzt sie Text auch auf einer rein formalen Ebene, etwa als strukturierendes Element ihrer Kompositionen, indem sie u. a. nach Soundfarben sucht, die konzeptuell zu den gewählten Texten passen. Sie schrieb drei Kurzfilme, bei denen sie auch Regie führte, sowie ein Musikvideo. Ihre Werke und Installationen wurden u. a. im Rahmen der VELAK-Gala, im Wiener Konzerthaus, echoraum, Salzburger Künstlerhaus, Schoenberg Center Wien und auf Radio Ö1 präsentiert. 2020 wurde ihr Orgelstück Earsore in der Michaelakirche uraufgeführt sowie ihr Duett Cosas Pequeñas (Kleine Dinge) im Rahmen der Eröffnung des Divertimento Ensemble Festivals gespielt. Aktuell erhält sie das Staatstipendium vom BMKÖS.

 

© Maria Frodl

Tahereh Nourani ist eine in-Wien-lebende Komponistin und Klangkünstlerin. In ihrer Musik setzt sie den Klang an den Beginn einer Entdeckungsreise. Mit freier Improvisation, unkonventionellen Spieltechniken, Live Elektronik und einer sehr langsamen Herangehensweise erzeugt sie außerordentlich reduzierte, post-minimalistische bis archaische Klangarchitekturen, ein Bogen gespannt zwischen dem Klang der Berührung und dem Rhythmus der Sprache, zwischen ASMR (Autonomous Sensory Memory Response) und Noise. Nourani studierte klassische Querflöte an der Teheran Kunst Uni und an der MDW Wien, lernte bei Wil Offermans in Granada und weiter bei Wolfgang Puschnig, Franz Hautzinger und Achim Tang.  2019 erschien Tahereh Nouranis Solo-Debüt „ancient child“. Für ihre Komposition „The Funambulist“ erhielt sie den PhonoECHOES Preis 2021. Neben Engagements für das Camerata Orchestra unter Keyvan Mirhadi, Oficina Art Vienna geführt von Alegre Correa und dem Vienna Improvisers Orchestra unter Michael Fischer arbeitete sie mit Musiker:innen wie Matthias Loibner, Katharina Klement, Jelena Popržan, Adele Knall und Künstler:innen wie KDM – Königin Der Macht, Aiko Kazuko Kurosaki, Naomi Rincon Gallardo und vielen anderen. https://taherehnourani.com

 

© Marlene Rahmann

Maren Rahmann ist Sängerin, Schauspielerin, Performerin und Clowndoctorin.
Sie singt gern Chansons mit Akkordeonbegleitung, am liebsten eigene Vertonungen von Texten aus feministischen Kämpfen, dem politischen Widerstand, von Jura Soyfer u.a. 2016 gründet sie zusammen mit Didi Disko das Musikperformanceprojekt „LAUT FRAGEN“, das sich im Spannungsfeld von Post-Punk, experimenteller Elektronik und Pop bewegt. Während der Schwerpunkt der Texte bei Gesellschaftskritik und Utopie liegt, ist der Sound von einer permanenten Suche nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten geprägt. Weiters kreiert sie eigene Theaterstücke und Performances u.a. zu Texten von Ingeborg Bachmann mit JUUN, (Auftritte im Wiener Konzerthaus, Teheran) und ist mit dem Vokaltrio „Die Spontansirenen“ und mit dem Theater Wolke unterwegs. https://lautfragen.bandcamp.com

 

© Florian Dürkopp

Die brasilianische Schlagzeugerin, Sängerin, Komponistin und Produzentin Mariá Portugal ist seit mehr als 20 Jahren in der Musikszene von São Paulo aktiv. Sie machte Aufnahmen, trat auf und tourte durch Südamerika, Europa, Asien und Ozeanien mit Künstler*innen wie Elza Soares, Metá Metá, Quartabê, Maggie Nicols, Joëlle Leandre, Anthony Braxton, Fred Frith und Tomeka Reid. Als Komponistin hat sie Originalmusik für Tanz, Theater und Kino komponiert und aufgeführt. Nachdem sie 2020 der 13. Improviser in Residence des Moers Festivals war, zog sie nach Köln (DE).
Seit 2021 ist sie die Kuratorin von Soundtrips-NRW in Duisburg. https://www.mariaportugal.com

 


Anat Stainberg
ist eine multidisziplinäre Künstlerin; sie arbeitet als Schauspielerin, Performance-Künstlerin, Malerin und Kuratorin. Sie wurde in Tel Aviv geboren, wo sie Schauspiel studierte und als Schauspielerin arbeitete. 2004 zog sie nach Europa, um ihr Studium fortzusetzen und schloss mit einem Diplom in Performance von DasArts Amsterdam ab. Seit 2007 lebt sie in Wien. Zusätzlich zu der Realisierung eigener Projekte, arbeitet Stainberg regelmäßig als Schauspielerin mit der ausgezeichneten experimentellen Wiener Theatergruppe ‚Toxic Dreams’ (Nestroy-Theaterpreis/Beste Off-Produktion 2019 und der Österreichische Kunstpreis 2022 Darstellende Kunst). Sie ist Teil des Kuratorischen Teams der monatlichen Performance-Reihe ‚DerBloedeDritteMittwoch‘ (gefördert durch die Kulturabteilung der Stadt Wien MA7 und BMKÖS) und arbeitet lokal und international als Performerin, Stimmkünstlerin und Lektorin/Coach (Akademie der bildenden Künste Wien, Filmakademie Baden-Württemberg, Universität für Bodenkultur Wien und Forum Alpbach). Stainbergs Kunstarbeiten befinden sich im Besitz des Österreichischen Theatermuseums (seit 2008) in der Sammlung Bildender Kunst der Stadt Wien (Ankauf 2021) und in verschiedenen privaten Sammlungen. https://anat.klingt.org